Von der Lösung aus denken

Diözesanverband der KFD zeigte in der Öko-City in Düren, wie gutes Klima für alle im Alltag lebbar ist

39_Öko-City (c) Dorothée Schenk
39_Öko-City
Datum:
Fr. 26. Sep. 2014
Von:
Dorothée Schenk
Umweltbewusst und klimafreundlich handeln heißt nicht verzichten; vielmehr beweist es Geschmack, Fantasie, Lebensfreude und Unternehmergeist.
kfd ökocity
kfd ökocity

In der Öko-City, der klimafreundlichen Modellstadt, zu der die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD), Diözesanverband Aachen, nach Düren eingeladen hatte, gab es vielfältige Anregungen. Oberflächlich betrachtet, ist manches schön, was seinen tieferen Wert erst beim genauen Hingucken preisgibt: Die Patina von genutzten Paletten hatte es Monika Strerath angetan. Daraus wollte die Tischlermeisterin unbedingt Möbel kreieren, und geboren war ein neues Geschäftsmodell. Aus „Wegwerf-“Holz vom Sperrmüll, geschenkten Schubladen und Keller-Verschlägen entwickelt „Holzschmiede 103“ in Essen exklusive Kommoden und Schränke. Unikate eben. „Ich habe schon Upcycling-Möbel gemacht, als es das Wort noch gar nicht gab“, erzählt die Fachfrau schmunzelnd. Sie bestückt einen von 50 Ständen der klimafreundlichen Modellstadt und gehört zu den Weitestgereisten.

 

Verantwortung gegenüber der Schöpfung

Denn: „Ökologisch betrachtet ist die Entfernung nach Essen gerade noch vertretbar“, sagt Monika Strerath und zeigt, dass sie schon verinnerlicht hat, worum es Marie-Theres Jung, Vorsitzende des KFD-Diözesanverbandes Aachen, und Projektleiterin Anja Mertens geht: Es ist die ganzheitliche Betrachtung des Themas „Klima“. „Wir sehen es als Verantwortung der Schöpfung gegenüber“, sagt Vorsitzende Jung. Von der Ausstellerauswahl, die regional auf einen Radius von 120 Kilometern begrenzt wurde, der Anreise für Gäste per gecharterten Bussen aus den verschiedenen Regionen bis hin zu vollständig kompostierbaren Kaffeebechern und Servietten in der Cafeteria wurde das Prinzip umgesetzt. „Wir wollen das Thema von der Lösung aus denken.“ Seit zwei Jahren leistet sich die KFD im Bistum Aachen die Bildungsreferentin Mertens, die mit verschiedenen Aspekten des Projektes Umwelt- und Klimaschutz durch die acht „KFD-Filialen“ unterwegs war. Alles steuerte auf den Höhepunkt, den Aktionstag „Öko-City“ in der St.-Angela-Schule in Düren, hin. Die Mädchenschule mit ihrem wunderbaren Park bot neben den Räumen auch ein passendes Ambiente für die Veranstaltung.

 

Umweltbewusstsein ins Leben integrieren

Ist Umweltbewusstsein denn ein Frauenthema? Ein klares „Ja“ kommt von Anja Mertens: „Frauen sind in jedem Bereich eingebunden, anders als Männer es sind: Als Alleinerziehende, Mutter, Hausfrau und Berufstätige.“ Wichtig war ihr, in der Öko-City Alternativen aufzuzeigen, die einfach ins Leben zu integrieren sind. Die ganze Palette des Alltags deckte daher auch das Angebot ab. Kommunikation – Körperpflege – Gesundheit – (Selbst-) Verschönerung – Lebensstil passten so perfekt in einen Raum. Anke Reermann und ihr Team von Missio machten auf die Rohstoffgewinnung für Handys im Kongo und die Möglichkeiten des Recyclings aufmerksam, während rechts Möbel und Wohnaccessoires, links Schmuck aus altem Besteck und vis-à-vis Naturkosmetik zum Selbstanrühren präsentiert wurden.

Die Mischung hatten die Organisatorinnen bewusst gewählt. Dass umweltfreundliches Verhalten nicht immer anstrengend ist, gerade darauf wollten die KFD-Frauen hinweisen. Erhobener Zeigefinger? – Fehlanzeige. Neben den Informationsständen rund ums Energiesparen der Energieagentur NRW, von In Via Düren–Jülich und der Verbraucherzentrale NRW dominierte die spielerische Vermittlung der ernsten Alltagsfragen: „Umwerfendes“ bot der Verein zur Förderung Kirchlicher Umweltberatung (FKU), bei dem sich auf einer Klappwand Antworten erst nach dem Wurf eines Balls offenbarten. Gar nicht trocken vermittelte auch Manuel Sauer Wissen um den Wasserverbrauch in der Herstellung von der Tomate bis zum Auto.

 

Mit Abfallprodukten kreativ werden

Wieviel Kreatives im „Müll“ steckt, der nun schon einmal gemacht ist, konnten Kauf- und Bastelwillige an diesem Tag entdecken. Eierkartons wurden zu Spielzeug, Alu-Kaffeeautomaten-Kapseln, von denen 12500 Stück pro Minute weltweit verschlissen werden, zu Schmuck, alte Autoreifen zu Taschen oder Geldbeuteln, und Stoffreste sowie ausrangierte Jeans setzen der Fantasie natürlich gar keine Grenzen mehr, wie Inge van Kann zeigt. Sie stellte Mode aus alten Möhrensäcken vor. Das kann sicher nicht jede(r) tragen. Dass Umweltbewusstsein echt gut schmeckt, davon konnten sich die Öko-Stadtbummler in der dichtbevölkerten, klimafreundlichen Modellstadt vielfältig überzeugen. Vorwiegend Vegetarisches und Veganes war im Angebot. Im Projekt „Krumme Gurke“ der Mönchengladbacher KFD-Gruppe wurde frisch geschnittenes Obst und Gemüse, das es normalerweise nicht auf den Teller von Otto Normalfamilie geschafft hätte, mit Dipp angeboten. „Wir beißen nicht, hier gibt’s was zu beißen“, lockten die gutgelaunten Frauen Probierfreudige. Konsequent lebt dieses Credo Wam Kat, der niederländische Aktionskoch.

 

Keine Angst haben, sich durchzubeißen

„Wenn man auf eine Ökoveranstaltung geht, muss man auch übers Essen nachdenken“, sagt Wam Kat zwischen (Riesen-)Kochtopf und Essensausgabe und ermunterte, keine Angst zu haben, sich durchzubeißen. 40 Prozent der Nahrungsmittel würden vernichtet. „Es gibt Alternativen. Tun Sie es einfach!“, forderte der Autor des Kochbuchs zum Film „Taste the Waste“ auf, der ebenfalls an diesem Tag gezeigt wurde. Das Bewusstsein zu schärfen, ist dem KFD-Diözesanverband sicherlich vielfältig mit diesem Aktionstag gelungen – abgerundet in der Schulkapelle, dem „Raum der Stille“, in dem ein Jahreszeitenkreis dazu einlud, sich selbst in der Schöpfung zu entdecken. Ob von der Präsentation und Betrachtung der Öko-City der Sprung auch zur Umsetzung im Alltag gelingt, das ist dem individuellen Willen unterworfen. Wie Schirmherr Paul Larue, Bürgermeister von Düren, es in seinem Grußwort darlegte: In Ökologie stecke das Wort Haus („oikos“), und das gemeinsame Haus „Erde“ sei den Menschen von Gott anvertraut. Allerdings wisse schon das Evangelium: „Die Umkehr ist das schwerste.“