Mehr Würde eingefordert

Der Weltrat der Internationalen CAJ hat Einblick gegeben in die Lebensrealität junger Arbeiter

Junge Arbeiter Nachricht (c) Andrea Thomas
Junge Arbeiter Nachricht
Datum:
Di. 11. Okt. 2016
Von:
Andrea Thomas
Unter dem Motto „Let’s struggle for young worker’s dignity“ haben sich vom 27. September bis zum 9. Oktober im Herzogenrather Nell-Breuning-Haus junge Arbeiter aus aller Welt zum 14. Weltrat der Internationalen Christlichen Arbeiterjugend (IYCW) getroffen.
Junge Arbeiter Textil Quadrat (c) Will Baxter/Christliche Initiative Romero
Junge Arbeiter Textil Quadrat

Gastgeber waren die Christliche Arbeiterjugend (CAJ) Deutschland und die CAJ im Bistum Aachen.

 

Was ist der Weltrat der CAJ? Wie setzt er sich zusammen?

Der Weltrat ist das höchste Beschluss fassende Gremium des IYCW und kommt alle vier Jahre zusammen. Die 60 Delegierten in Herzogenrath kamen aus Aus­-tralien, Ägypten, Belgien, Brasilien, China, Deutschland, Ecuador, Gabun, Ghana, Guatemala, Haiti, Indien, Indonesien, Japan, Kongo, Namibia, Nicaragua, Niederlande, Österreich, Pakistan, Paraguay, Peru, Philippinen, Sri Lanka, Ukraine und Venezuela. Neben einer Bestandsaufnahme der aktuellen Lebenssituation junger Menschen in den einzelnen Ländern und der Aktionen der Nationalbewegungen vor Ort entscheidet der Weltrat über die zukünftige Ausrichtung der Arbeit der IYCW. Er beschließt einen Aktionsplan für die kommenden vier Jahre und die künftige finanzielle Ausrichtung. Außerdem werden die Mitglieder des internationalen Teams und des Vorstands der internationalen CAJ hier gewählt.

 

Wie sieht die Lebenssituation junger Arbeiter weltweit aus?

„Unsicherheit in Erwerbsarbeit und Leben, Diskriminierung von Frauen und von Migranten, Chancenungleichheit in der Bildung, Stress und abnehmender Sozialschutz – all das sind keine nationalen, sondern globale Herausforderungen“, fasste Sarah Prenger, CAJ-Bundesvorsitzende und neugewählte Präsidentin der internationalen CAJ zusammen. Dan Mavzriek Ghouamba kommt aus Gabun. Er ist seit zwei Jahren Vorsitzender der dortigen Christlichen Arbeiterjugend. „Unser Land ist reich an Mineralien und Hölzern, aber sehr wenige profitieren davon. Die Mindestlöhne sind niedrig, doch das Leben ist sehr teuer“, berichtet er. Viele junge Menschen in Gabun hätten zwar einen guten Abschluss, fänden aber dennoch keine Arbeit. Die Tage in Herzogenrath haben ihm viel gebracht, sagt er. Der Erfahrungsaustausch mit anderen, wertvolle Kontakte und das Wissen, nicht alleine mit seinen Problemen zu sein.

Auch in Nicaragua, dem Heimatland von Karla Maria Gutierez, ist die Situation schwierig. Ein großer Teil der Bevölkerung sei jung, gute Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt hätten sie jedoch nicht. Daher machten sich viele selbstständig oder nähmen Arbeit in den steuerfreien Zonen an, wo sich unter anderem Firmen (Textilien, Tabak, Call-Center) aus den USA und China ansiedeln. „Die Arbeitsbedingungen sind nicht fair, gezahlt werden Billiglöhne. Aber viele nehmen das in Kauf, um überhaupt Arbeit zu haben“, sagt Karla. Sie ist seit gut zehn Jahren in der CAJ Nicaragua und dafür zuständig, sie bekannter zu machen. „Wir haben schon einiges erreichen können, aber es ist schwierig. Viele, die in der CAJ sind, werden deswegen von den Firmen entlassen.“

Aber viele jungen Menschen wollten etwas ändern und gingen lieber dieses Risiko ein als gar nichts zu tun. „Wir haben keine Fabriken. Arbeitsplätze gibt es vor allem im Servicebereich“, beschreibt Aurore De Keyzer die Situation in Belgien. Die Zahl der Arbeitslosen liege in den Städten bei 25 Prozent, in Brüssel sogar noch darüber. Baue eine Firma massiv Arbeitsplätze ab, führe das häufig zu einem fatalen Domino-Effekt mit weiterem Stellenabbau in der jeweiligen Region. „Viele gehen zur Universität. Doch auch dann gibt es nur wenige Orte, wo sie Arbeit finden, weshalb viele junge Belgier ins Ausland gehen.“ Diese Perspektivlosigkeit sei ein großes Problem für ihre Generation, ein Familienleben so kaum möglich.

 

Was sind die drängendsten Probleme, die die IYCW bis 2020 angehen will?

Prekäre Arbeit, von der sich junge Menschen keine Zukunft aufbauen können, nimmt weltweit zu. Arbeits- und Perspektivlosigkeit belasten die Generation der 18- bis 35-Jährigen. Noch immer ist Bildung in vielen Ländern ein Privileg, derer, die es sich leisten können und steht nicht allen offen. Junge Menschen werden auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert, wegen ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Hautfarbe, ihres Glaubens oder ihrer sozialen Herkunft. Unter der Überschrift „Just work, equality and dignified life for all young workers“ will die IYCW sich in den kommenden vier Jahren für gerechtere Arbeit, Geschlechtergerechtigkeit und Sozialschutz sowie die Stärkung der Würde junger Arbeiter einsetzen. Denn: „Jeder junge Arbeiter ist mehr wert als alles Gold der Erde, weil er ein Sohn (oder eine Tochter) Gottes ist.“ (CAJ-Gründer Kardinal Joseph Cardijn)

Junge Arbeiter Aachen Quadrat (c) Andrea Thomas