Aus der KirchenZeitung: Es muss ein breites Umdenken einsetzen

KED-Elternforum reflektierte die Digitalisierungserfahrungen von Schulen und Schülern aus der Pandemie

Laptops (c) Rainer Sturm  / pixelio.de
Laptops
Datum:
Do. 10. Dez. 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 50/2020 | Eva Weingärtner

„Homeschooling und Distanzunterricht an ihren Grenzen – wie gelingt Pädagogik mit digitalen Medien?“: Dies war das Thema des Elternforums der KED in NRW (Katholische Elternschaft Deutschlands), das als Online-Veranstaltung angeboten wurde.

Rund 55 Interessenten folgten dem Vortrag von Frajo Ligmann, Lehrer und Koordinator am Gymnasium Würselen sowie in der Lehrerausbildung tätig, der am Beispiel eines gescheiterten Laptop-Projekts an seiner eigenen Schule Aufgaben, Anforderungen und Bedingungen für die Gestaltung und das Gelingen des schulischen Digitalisierungsprozesses benannte. Die intensive Diskussion und die Beiträge der Zuhörer am Ende verdeutlichten, dass durch Einführung der Digitalisierung ein Umdenken in der Pädagogik und Unterrichtsgestaltung stattfinden sollte.

Bei der Digitalisierung gehe es nicht mehr um die Frage des „Ob“, sondern nur noch ums „Wie“, stellte Ligmann fest. Längst Realität sei, dass laut der JIM-Studie von 2017 99 Prozent der Haushalte ein Smartphone, 98 Prozent einen PC und 92 Prozent der über Zwölfjährigen ein Smartphone haben. Mittlerweile sei die erste Informationsquelle nicht mehr das Buch, sondern das Internet. Um damit umgehen zu können, brauche man Kompetenzen oder Medienkompetenz. So müsse man zum Beispiel wissen, dass bei der Googlesuche nicht nach Wahrheit, sondern Algorithmen sortiert werde. „Medienkompetenz heißt bedienen und anwenden, informieren und recherchieren, kommunizieren und kooperieren, produzieren und präsentieren, analysieren und reflektieren sowie problemlösen und modellieren“, sagte Ligmann. Im Vordergrund stehen damit die Kompetenzen Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken, das sogenannte „4K-Modell“.

Weitere Kernaussagen seines Vortrags waren: Die Digitalisierung ändert das, was wir lernen. Digitale Medien erweitern die Möglichkeiten zur Gestaltung von Lernprozessen. Digitale Medien können motivieren. Schlechter Unterricht wird durch digitale Medien nicht besser. Gute Lehrkräfte können auch ohne digitale Medien guten Unterricht halten. Guter Unterricht kann durch digitale Medien noch besser werden. Für Ligmann geht es nicht darum, „auf Biegen und Brechen digitale Medien einzusetzen“, sondern nur dann, wenn es zum Erreichen der Kompetenz Sinn macht und neuartige Aufgaben dadurch erzeugt werden. Gelingen kann die Digitalisierung von Schule seinen Ausführungen zufolge aber nur mit einer pädagogischen Vision, was zeitgemäßer Unterricht ist, einer möglichst fehlerfreien technischen Ausstattung und vor allem gut ausgebildeten Lehrkräften. Dass dies alles Zeit braucht, das verschwieg Frajo Ligmann nicht. „Wir sind bei uns seit zehn Jahren in dem Prozess. Es gibt immer noch viel zu stemmen“, erklärte er. Die Begrüßung und Vorstellung des Referenten übernahm eingangs Andrea Honecker, Vorsitzende der KED in NRW. Sie stellte heraus, dass das Gymnasium Würselen für sein digitales Bildungskonzept rund um die Tablet-Klassen von der Bundesbildungsministerin Professor Johanna Wanka 2017 mit dem Delina-Innovationspreis für digitale Bildung ausgezeichnet wurde und die Schule als einziges Gymnasium in NRW 2018 die Auszeichnung „Smart School by bitkom“ erhalten habe.

Wie es dazu kam und welche Hürden es auf dem Weg gab, dies ging ebenfalls aus dem Vortrag von Frajo Ligmann hervor. Als Gründe für das Scheitern der erstmaligen Einführung von Laptop-Klassen an der Schule vor 13 Jahren führte er fehlende Konzepte, fehlende Visionen, technische Probleme, nicht schultaugliche und zu schwere Geräte mit geringer Akkulaufzeit sowie fehlende Erfahrung im Projektmanagement auf. Aus diesen Erfahrungen heraus hat die Schule einen Neustart im Jahr 2015 mit einer durch Eltern finanzierten Tablet-Klasse in Jahrgangsstufe 7 unternommen, der im Laufe der Jahre weitere Klassen folgten. Seit 2019 sind alle Klassen der Jahrgangsstufe 7 Tablet-Klassen. Wichtig auf dem Weg war die Erkenntnis, dass Schulen im Zuge der Digitalisierung eine Neuausrichtung brauchen.

Daran habe es im Distanzunterricht im Lockdown in Deutschland, der schlecht lief, gefehlt, sagte Frajo Ligmann. Es wurden verschiedene Videokonferenzsysteme genutzt, meist textbasierte Arbeitsaufträge von Lehrern an Schüler erteilt, die wenig Kreativität zuließen, und Kinder isoliert mit eintönigen Aufgaben und ohne ein Feedback zu bekommen. „Es fand ein einfacher Transfer statt, das digital zu machen, was analog war. Das ist sinnlos“, schloss er.

Der Vortrag von Frajo Ligmann befindet sich auf der Internetseite der KED unter www.ked-nrw.de.